Warum du eigentlich gar nicht sichtbar werden willst

Gastartikel von Michaela Muthig

Als ich vor etwa einem Jahr konkret beschlossen habe, im März 2019 meine Angestellten-Tätigkeit zu beenden und von da ab als freischaffender Online-Coach mein Unwesen zu treiben, ahnte ich noch nicht, was auf mich zukommt.

Das Coaching: kein Problem. Da hatte ich durch die letzten 10 Jahre als Psychotherapeutin genug Erfahrung. Das Schreiben von Artikeln: manchmal lästig, aber Content-Ideen habe ich genug. Und auch wenn ich keinen Nobelpreis dafür erhalten werde, so gelingt es mir doch, meine Website regelmäßig mit Inhalt zu füllen und wöchentlich einen Artikel zu meinem Lieblingsthema, der Selbstsabotage zu schreiben.

Aber es gibt da doch einen Bereich, den ich schlichtweg unterschätzt habe: Sichtbarkeit aufzubauen

Wenn du wie ich Coach bist, wirst du wissen, dass du irgendwie von deinen Kunden gefunden werden musst. Denn was nützt die beste Expertise und das wertvollste Coaching, wenn keiner weiß, dass es dich gibt?

So wirst du garantiert NICHT sichtbar

Hast du eine Ahnung, wie du deine Sichtbarkeit steigern kannst?

Ich kann dir mehrere Methoden sagen, wie du garantiert unsichtbar bleibst. Wie die meisten Erfolgsfaktoren spielt dabei dein Mindset eine ganz entscheidende Rolle.

Achte mal auf deine Gedanken, wenn du dich mit dem Thema Marketing und Sichtbarkeit beschäftigst.

1. Bevor ich mich um die Sichtbarkeit kümmern kann, muss ich erst noch…

Die beste Methode, um unsichtbar zu bleiben, ist die, erst gar nicht mit Marketing und Social Media zu beginnen. Daher wird dein innerer Saboteur dir viele, viele, ganz viele wichtige Pflichten aufzeigen, die du erst tun musst, bevor du anderen von dir und deinem Business erzählen kannst:

  • Eine tolle Website entwickeln
  • Diese optimieren
  • Mit viel Inhalten füllen
  • Einen Kundenavatar bilden
  • Noch mehr Inhalte schreiben
  • Noch mehr Wissen erwerben
  • Ein Freebie erstellen
  • Das Angebot verbessern
  • Den Haushalt erledigen
  • Tante Erna besuchen

Klar, sind solche Tätigkeiten enorm wichtig. Aber du musst mit dem Aufbau deiner Sichtbarkeit nicht damit warten, bis du alles andere ins Laufen gebracht hast. Das geht sogar am besten parallel, weil du durch mehr Reaktionen immer besser verstehst, was deine möglichen Kunden wirklich interessiert.

Wenn du also den „Verschiebe-Drang“ hast, schau mal genau hin, ob es nicht einfach dein kleiner Saboteur ist, der dich davon abhalten möchte, dir eine Reichweite aufzubauen.

2. Das muss jetzt reichen

Du hast nun endlich angefangen, Sichtbarkeit aufzubauen. Hast erste Netzwerk-Kontakte geschlossen und einige Posts in den sozialen Medien abgesetzt. Jetzt kannst du dich ganz entspannt zurücklehnen und mal schauen was passiert, oder?

Falsch! Auch das ist eine Selbstsabotage-Falle. Dinge, die uns unangenehm sind, haken wir am liebsten gleich als erledigt ab und sind erleichtert. Aber das Netzwerken und der Aufbau von Reichweite sind Dinge, die regelmäßig gepflegt werden müssen. Genau so wie Freundschaften.

Sehr gute Freundschaften können es auch aushalten, wenn es mal mehrere Monate keinen Kontakt gibt, aber gerade dann, wenn eine Freundschaft erst im Aufbau ist, schläft sie auch ganz schnell wieder ein, wenn sie nicht regelmäßig gepflegt wird.

Und deine Sichtbarkeit ist ein bisschen wie der Aufbau einer Freundschaft. Sowohl zu Netzwerk-Kollegen wie auch zu deinen Kunden: Du baust eine Beziehung zu ihnen auf. Und je mehr sie von dir lesen, desto mehr Bindung entsteht ganz von allein. Also bleib dran!

3. Das ist nicht gut genug – das bringt doch nichts!

Immer wenn du während des Netzwerkens und während deiner Positionierung an deiner Qualität und an einem möglichen Erfolg zweifelst, pass auf, ob dein Saboteur dich nicht in die Perfektionismus-Falle geschubst hat.

Wir überschätzen oft die Resonanz, die am Anfang unserer Tätigkeit kommt. Was wir aber bei regelmäßigem Dranbleiben erreichen können, unterschätzen wir total. Und werden es vielleicht auch nie erfahren, denn viele geben schon vorher frustriert auf.

Pass also auf, dass du nicht in die Perfektionismus-Falle tappst: Dein Blogartikel mag vielleicht nicht den Pulitzer-Preis gewinnen, aber das, was du darin zu sagen hast, ist hilfreich. Selbst wenn am Anfang nicht so viel Resonanz kommt.

Wir sind ganz oft unsicher, wenn wir etwas Neues wagen und suchen Bestätigung. Aber es ist normal, dass diese nicht über Nacht kommt.

Warum aber sabotieren wir uns gerade im Bereich der Sichtbarkeit?

Selbstsabotage ist ein häufiges Phänomen und hat fast immer mit unserem Selbstwert zu tun. Dort, wo wir am verwundbarsten sind, blockieren wir uns am meisten.

Gerade wenn du dir eine Selbständigkeit als Coach aufbaust, bietest du dich selbst als Produkt an. Du bist (bzw deine Unterstützung ist es) plötzlich käuflich. Und dein Angebot hat einen Wert.

Am liebsten würdest du dir wünschen, dass nun ganz viele Kunden kommen und dein Angebot kaufen. Das bestätigt dich in deiner Leistung und deinem Wert für diese Menschen. Die logische Konsequenz wäre also, allen davon zu erzählen, damit viele Menschen kaufen können.

Der kleine Saboteur in uns hält das aber für keine gute Idee. Denn solange du die Dinge einfach so laufen lässt, kannst du dir zumindest erklären, warum kaum jemand dein Angebot kauft: Es weiß ja keiner was davon!

Was aber, wenn viele Menschen von dir gehört haben und dennoch kein Interesse an dir und deinem Produkt zeigen? Das wäre schmerzhaft, würde deinen Wert (und damit auch deinen Selbstwert) in Frage stellen, und du müsstest dich damit auseinandersetzen, dass du dich vielleicht überschätzt oder getäuscht hast.

Oder, was wäre, wenn Du dich öffentlich zeigst, aber nur Ablehnung erfährst und andere Menschen dir aufzeigen, was du alles hättest besser machen sollen? Auch dies würde (ebenso wie die Nichtbeachtung) zu einer Demontage deines Selbstbilds führen.

Lass mich noch betonen, dass ich NICHT glaube, dass diese zwei Schreckensszenarien wirklich eintreffen werden. Aber ein Teil in dir glaubt das vielleicht. Je mehr du verunsichert bist, ob du das Richtige tust, desto wahrscheinlicher wird dein Saboteur dich davon abhalten, sichtbar zu werden.

Was kannst du also tun?

Lass nicht zu, dass dein Saboteur das Steuer übernimmt, denn auch wenn er dich vor Schmach und Enttäuschung schützen will, so sorgt er langfristig dafür, dass genau das eintritt, was er vermeiden will: Du wirst dich immer mehr schämen, dass du noch nicht einmal das auf die Reihe bekommst, du wirst an dir und deinem Angebot zweifeln und irgendwann vielleicht aufgeben.

Mach stattdessen genau das Gegenteil: Geh raus und zeig dich! Nicht erst, wenn du dein Angebot perfekt ausgefeilt hast und deine Website über 100 Artikel aufweist. Und selbst wenn am Anfang noch nicht viel Resonanz kommt: bleib dran. Es ist ein bisschen wie Wasser auf einer Mühle: ein Tropfen allein bewirkt noch nicht viel, aber wenn genug zusammenkommen, wird sich das Rad immer schneller drehen und dein Business nimmt Fahrt auf.

So hab ich es auch gemacht. Und auch mich treffen immer wieder Zweifel: Ich sollte doch eigentlich schon viel weiter sein. Stimmt nicht. Der Aufbau eines Business ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Also suche dein ganz eigenes Tempo, orientiere dich nicht zu sehr an dem Tempo anderer, mach einen Schritt nach dem nächsten und bleib dran, bis du am Ziel bist.

Liebe Grüße
Deine Michaela Muthig
Website: Coaching-Azur

4 Kommentare zu „Warum du eigentlich gar nicht sichtbar werden willst“

    1. Hallo Andrea-Maria,
      ich binde doch gerne solche Dinge auf fremde Nasen 😉
      Nein, im Ernst: Wir sind nicht allein mit diesem Problem und ich finde, es ist kein Grund, sich dafür zu schämen.
      Und wenn du dir dessen bewusst bist, was da passiert, dann bist du schon einen ganz großen Schritt weiter.

  1. Liebe Michaela,
    vielen Dank für diesen Beitrag, dem ich absolut zustimme.
    Will sich der Erfolg partout nicht einstellen, finde ich es ergänzend wichtig, mir immer und immer wieder die Frage zu stellen, ob mein Angebot grundsätzlich passt und wie ich es ggf. so gestalte, dass es den Nerv meiner Zielgruppe trifft.
    Liebe Grüße
    Martin

    1. Hallo Martin,
      ja, du hast recht: wir müssen schauen, ob das Angebot passt und auch, ob die Zielgruppe stimmt. Wobei ich jedes Mal erstaunt bin, was man so alles verkaufen kann und wie selbst das ungewöhnlichste Angebot seine Zielkunden findet.

      Passen sollte das Angebot aber nicht nur zur Zielgruppe, sondern auch zu uns. Wenn wir Zweifel am Erfolg haben (ob berechtigt oder unberechtigt) oder wenn wir uns irgendwie dafür verbiegen müssen und nicht mehr authentisch sind, dann ist die Selbstsabotage-Gefahr aus meiner Sicht sehr groß.
      Denn gerade als Coaches wollen und müssen wir ja voll und ganz hinter dem stehen, was wir anbieten. Und wenn das nicht so ist, dann ist der Saboteur nicht weit.

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