Jubelnd und lachend hüpft Susi durchs Büro. „Ha! Yeah!“ schallt es durchs ganze Haus. „Yippie! Hurra!“ Lautes Lachen. Susi kriegt sich gar nicht mehr ein. Ein riesengroßes Glücksgefühl macht sich in ihr breit. Ein Gefühl, als ob gleich ihr Brustkorb zerspringt. Vor Stolz. Vor Freude. Und voll des Gefühls, es der ganzen, großen Welt und all den kleinen Stänkerern gezeigt zu haben!
Susi hat soeben ihr erstes telefonisches Verkaufsgespräch für ihren neuen Onlinekurs erfolgreich abgeschlossen. Die erste Teilnehmerin hat gebucht!
Dieses Gefühl hält noch ein paar Tage an, denn 14 weitere Teilnehmer buchen ihren Kurs. Susi ist überglücklich und gerade sehr präsent in meinem Leben!
Doch es dauert nicht allzu lange, da kommt Egon dazu: „Ja super! Und Du denkst, weil Du jetzt Deine Testversion günstig verkauft hast, wollen die Leute dann Dein Produkt auch zum regulären Preis?“ Egon zieht dabei eine Augenbraue hoch und guckt verächtlich, ja… fast schon spöttisch. „Also so ein Testprogramm günstig verkaufen, das kann ja jeder!“ Susi und ich fühlen uns schlagartig nicht mehr so toll. Susi ist ganz still und ich bemerke einen leichten Ärger in mir aufsteigen. Doch Egon hat noch nicht alle Karten ausgespielt und fährt fort: „Was denkst Du, wer Du bist? Vielleicht stellen die Teilnehmer ja fest, dass die Qualität überhaupt nicht gut genug ist. Und wenn sich das dann erst mal rumspricht, dann kannst Du das alles vergessen!“
Susi ist jetzt schon vollkommen verschwunden und ich möchte Egon am liebsten einen Tritt in seinen Allerwertesten verabreichen!
Egon ist immer so. Er kann nichts dafür. Er ist einfach gemein. Ich bin echt sauer auf ihn. Ich gehe runter zu meinem Mann und schimpfe über Egon: „Da habe ich mal grade so richtig Spaß mit Susi und dann kommt er daher! Ich dachte echt, ich wäre ihn los. Nach allem, was ich jetzt schon überwunden habe. Das hat mich echt Mut gekostet, ich hab all mein Herzblut und meine Begeisterung in dieses Programm gesteckt. Und ich war so stolz! Dann kommt er daher und… Wie kann ich diesen Fiesling nur loswerden?“
Ich lasse etwas Dampf ab und fange dann auch an zu lachen. Über mich selbst. Warum lasse ich mich immer nur so beeinflussen? Susi kommt langsam wieder zum Vorschein und fragt, ob die Luft wieder rein ist. „Ja, alles gut!“ beruhige ich sie. Susi ist schon sehr empfindsam, doch wenn sie mal richtig lebendig wird, dann ist sie nicht mehr zu halten. Naja, beinahe nicht mehr. Außer von Egon eben.
Der Onlinekurs, auf den Susi und ich so stolz sind, läuft gut an und die Teilnehmer sind vom ersten Modul begeistert. Egon hält sich zurück und Susi ruht sich ein wenig aus vom Feiern. Die Lage beruhigt sich etwas und ich bin auch voll involviert in die Arbeit am Programm.
Ein paar Tage später telefoniere ich mit einem guten Freund und erzähle ihm von Egon und Susi. Naja, um ehrlich zu sein, fragt er mich nach ihnen und erst zu diesem Zeitpunkt bekommen sie diese wunderbaren Namen (meine Güte, warum mir bloß spontan nicht etwas Klangvolleres eingefallen ist!).
Ich sage: „Stefan, am liebsten würde ich Egon, diesen ewigen Nörgler und Kritiker, zum Teufel jagen, der nervt mich echt!“
Stefan antwortet: „Meine liebe Christina, in den letzten Tagen, als Du wirklich viel Energie in die Verwirklichung des Programms gesteckt hast und all diese liebevollen Details ausgearbeitet hast, in dieser Zeit, in der Dir für Deine Teilnehmer nur das Beste, das Du geben kannst, gut genug war… wer hat Dir da genau diese Energie gegeben, dranzubleiben, es noch besser, noch genauer auszuarbeiten?“
Ich verstehe sofort, was er meint. Egon ist zwar mein ewiger innerer Kritiker. Wenn er alleine spricht, dann fühle ich mich nicht so gut. Wenn Susi da ist, ist alles leicht und ich habe richtig Spaß. Doch nur wenn beide da sind, bringe ich Höchstleistungen. Wenn ich die Dinge mit Spaß genau auf den Punkt bringe, dann ist Egon eben auch beteiligt und sorgt dafür, dass ich nicht aufhöre, bevor es nicht wirklich passt!
Ich schau also Egon an und ich merke, er kommt mir gar nicht mehr so grantig vor. Habe ich da nicht eben den Hauch eines Lächelns gesehen? Ich sage: „Komm Egon, Du Schuft, lass uns etwas spazierengehen. Susi nehmen wir auch mit.“ Er protestiert kurz grummelnd, denn da wäre doch noch die Email die ich endlich schreiben muss, sonst wird das nie… Dann ist er still und kommt mit.
Als ich mich später wieder an den PC setze und meinen Blogartikel für den nächsten Tag schreibe ist es ziemlich still um mich. Schätze, Egon und Susi haben sich neu verliebt. Das ist ok, denn ich weiß ja, dass sie immer für mich da sind, wenn ich sie brauche.
Kommen Dir Egon und Susi bekannt vor? Mit welchen Sprüchen kommt Dein Egon um die Ecke, wenn Du grad auf Wolke 7 schwebst? Ich freue mich, wenn Du mir davon erzählst.
Liebe Grüße
Christina
Liebe Christina, die beiden kenne ich auch gut, Susi und Egon! 🙂 Und obwohl sie mir so vertraut sind geht es mir auch manchmal wie Dir, dann brauche ich von außen einen Anschubser, der mir klar macht, dass Egon spricht. Super, dass Du Dir gleich Unterstützung geholt hast für die richtige Einordnung von Egon! Und vielen Dank für’s Teilen. Sandra
Liebe Sandra,
danke für Dein Feedback! Ja, auch ein Coach braucht hin und wieder einen Coach. 🙂
Liebe Grüße
Christina
So wunderbar geschrieben, liebe Christina 🙂 Genauso ist es nämlich – lässt man die beiden zusammen mitarbeiten, dann ist wirklich Unmögliches möglich. So habe ich das schon oft empfunden. Natürlich kenne ich auch die Zeiten, in denen nur einer da ist – mal himmelhochjauchzend und dann wieder von der inneren Kritik ziemlich unten. Doch genau das Gleichgewicht macht es aus.
Herzliche Grüße
Silvia
Danke Silvia,
ich denke auch, dass das Wechselspiel ganz normal ist. Auch Verliebte streiten ja mal. 🙂
Liebe Grüße
Christina
Liebe Christina,
wer kennt die Beiden nicht? 😀 Bei mir streiten sie sich ständig darum, wer ans Steuer darf. Wenn Egon fährt, ist das nicht immer so günstig, er will halt gern seinen Kopf durchsetzen und hört dann selten auf Susis Einwände. Am Besten sind wir unterwegs, wenn Susi (mein ♥) am Steuer sitzt und Egon die Straßenkarte liest…
Herzensgrüße
Carmen
Hallo Carmen,
das Bild mit dem Steuer und der Straßenkarte mag ich sehr. 🙂
Liebe Grüße
Christina
Liebe Christina,
in meinem inneren Team gibt es zwei ganz ähnliche Persönlichkeitsanteile. Ich nenne sie Diabolo (den kleinen Kritikus) und Angelina (die große Liebende). Deinen Ansatz finde ich genial. Mal schauen, ob ich die beiden dazu bringe, auch mehr miteinander zu arbeiten. Letztlich sind ja alle unsere Anteile wertvoll und wollen uns nur unterstützen.
Hier kannst Du mehr über die beiden lesen, wenn Du magst: http://selbstwert.lebenlernenlieben.de/schritt-4/
Alles Liebe,
Jürgen
Hallo Jürgen,
vielen Dank für Dein Feedback. Diabolo klingt natürlich schon von vorne weg ziemlich böse und genau diese Vorannahme, dass der innere Kritiker unser „böser“ Anteil ist, macht uns das Leben mit ihm oft so schwer. 😉
Liebe Grüße
Christina
Hallo Christina
Ja die kenne ich. Hab mich sofort wieder an das Coaching bei Dir erinnert, Ja die Beiden braucht’s. Auch wenn’s schwer ist die beiden in Balance zu halten. Schreiben hilft mir da sehr, ich merke nach ein Paar tagen wie unausgewogen die Beziehung der beiden wird wenn ich mal mehr länger nicht schreibe.
so wunderbar geschrieben! Man muss schmunzeln und erkennt seine Lieben wieder 🙂
Sooo süß geschrieben, Christina!
Du hast Talent zum Dreh-Buch-Schreiben 😉
Also mein Egon hat Perfektions-Anspruch par excellence und meine Susi ist Begeisterungsfähigkeit pur. Immer öfter ein Dream-Team 😉
Alles Liebe,
Petra
Ein toller, mitreissender Text, Christina! Ja, die zwei kenne ich auch 🙂 Meine Einstellung zu den beiden, wie ich über sie denke, hilft mir, dass ich mit beiden gut klar komme!